Mutter Tonya und Tochter Satchel Lee im ehrlichen und offenen Gespräch Abschrift

Gucci Podcast-Stimme:
Hallo und willkommen zurück beim Gucci Podcast. In dieser Folge hören wir ein offenes und ehrliches Gespräch zwischen Mutter und Tochter, Tonya Lewis Lee und Satchel Lee, über ihre Zeit in Quarantäne. Die 25-jährige Satchel kennt sich mit Podcasts aus, sie hat dieses Jahr ihre eigene Serie namens Release with Satchel Lee vorgestellt. Darin führt sie intime Gespräche über Beziehungen, Liebe, gebrochene Herzen und Selbstentdeckung. Satchel ist Videoproduzentin, Autorin, Fotografin und war zuvor Creative Director des queeren Mode- und Kunstmagazins Drøme. Satchels Mutter Tonya Lewis Lee ist Film- und Fernsehproduzentin, Anwältin und Gründerin der Vitaminmarke Movita Organics. Außerdem setzt sich die Autorin und Ehefrau des Regisseurs und Oscar-Preisträgers Spike Lee für die Gesundheit von Frauen und Kindern ein. In dieser Folge sprechen die beiden Frauen über die Veränderungen, die wir in den letzten Monaten durchlebt haben, und erzählen, was Familie für sie bedeutet und wie sie in dieser unsicheren Zeit ihre Kreativität bewahren.

Satchel Lee:
Hallo zusammen. Ich bin Satchel Lee. Ich habe einen Podcast namens Release with Satchel Lee, in dem ich mit Freunden über Liebe, Sex, Beziehungen und, ich weiß nicht, über Menschen und Intimität rede. Das hier ist aber ein anderer Podcast. Ich bin hier mit meiner Mutter, Tonya Lewis Lee, und wir werden uns darüber unterhalten, wie diese ganze Quarantäne, dieses Jahr für uns gelaufen ist. Hallo.

Tonya Lewis Lee:
Hi. Ich freue mich, hier zu sein, mich mit dir zu unterhalten, Satchel.

Satchel Lee:
Ja. Ja. Ich denke, wir werden viel Spaß haben. Also ich habe darüber nachgedacht, wie ich das hier angehen will, und ich habe versucht, ein amüsantes, positives Intro zusammenzustellen, mit dem wir ein anregendes Gespräch über das letzte Jahr einleiten können. Aber wenn wir mal ehrlich sind, war das Jahr keineswegs amüsant oder positiv. Ich glaube, für die meisten, für fast alle war es jedenfalls so. Aber ich habe mit etlichen Leuten gesprochen, die sagten, diese Zeit hätte ihnen die Möglichkeit gegeben, nachzudenken, und dass sie sich so gut fühlen wie schon lange nicht mehr.

Tonya Lewis Lee:
Ja, ich würde auch sagen, jede schwierige Situation hat auch etwas Gutes. Nicht wahr? Und ich glaube, dass die Situationen, in denen wir uns am unbehaglichsten fühlen, in denen wir uns neue Fähigkeiten aneignen und uns an die Unannehmlichkeiten anpassen müssen, meistens die Situationen sind, in denen wir am meisten lernen und uns weiterentwickeln. Also man sollte immer positiv bleiben.

Satchel Lee:
Ja, auf jeden Fall. Das glaube ich auch. Und ich glaube, für uns war ein Großteil dieses Jahres … Wie soll ich sagen … Wir waren irgendwie in so einer Art Überlebensmodus, wie es die New Yorker schon lange, quasi seit dem 11. September, nicht mehr waren. Oder? Ich meine, da gab es diesen Hurrikan, wie hieß der, Sandy? Aber der war woanders, wir waren davon nicht betroffen.

Tonya Lewis Lee:
Stimmt. Dieser Vergleich mit 9/11 ist ganz interessant, wir waren hier, aber dann haben wir die Stadt verlassen.

Satchel Lee:
Stimmt.

Tonya Lewis Lee:
Also wir waren nicht selbst in der Stadt, aber wir haben es natürlich gespürt. Und als wir zurückkamen, konnten wir die Zerstörung bis hierher riechen. Wir mussten also irgendwie damit klarkommen. Aber diesmal ist es anders, man muss sich isolieren, man darf seine Freunde nicht sehen, und damals haben wir und unsere Freunde und gegenseitig Halt gegeben. Oder? Wir waren verletzt und verwirrt, also haben wir Zuflucht bei unseren Freunden gesucht, um das Ganze durchzustehen. Aber jetzt mussten wir uns wirklich zurückziehen, uns in unseren Wohnungen einsperren, durften keine Freunde mehr sehen und mussten irgendwie alleine klarkommen. Das war und ist etwas ganz anderes. Wir haben versucht, uns gegenseitig über Zoom, FaceTime oder per Telefon Trost zu spenden, wir haben uns irgendwie angepasst und das Beste daraus gemacht.

Satchel Lee:
Auf jeden Fall.

Tonya Lewis Lee:
Aber es war definitiv anders, und ich würde auch sagen, dass wir uns Sorgen wegen der Versorgung mit Lebensmitteln gemacht haben. Wir haben in der Coronakrise wirklich versucht, immer genügend Vorräte zu haben, das war definitiv anders.

Satchel Lee:
Ja. Ich meine, das ist auch sehr faszinierend, also die Menschen sind faszinierend – wir sind gut darin, Dinge zu erschaffen und zu errichten, die uns ein Gefühl von Normalität und Beständigkeit geben. Aber um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, was normal ist, und ich glaube auch nicht, dass irgendetwas zwangsläufig von Dauer ist. Oder? Es könnte sich beständig anfühlen, aber wir sehen nicht, was unmittelbar vor uns liegt. Richtig? Wir wissen nicht, was als Nächstes kommt. Und wir haben Glück, dass wir solche Phasen der Unsicherheit nur selten erleben müssen, dass wir uns bestimmte Fragen nur selten stellen müssen: Werden die Supermärkte geöffnet sein? Können wir rausgehen? Was passiert gerade? Wie groß ist diese Sache? Wie viele Menschen sterben? Im Central Park werden behelfsmäßige Leichenschauhäuser aufgestellt. Was bedeutet das für uns, wie sollen wir unser Leben weiterleben?

Tonya Lewis Lee:
Und das Verblüffende daran ist, dass wir es überstanden haben.

Satchel Lee:
Stimmt.

Tonya Lewis Lee:
Und es wurde tatsächlich sehr schnell zur Normalität. Richtig? Aber du hast recht. Ich finde auch, dass die Dinge sich ständig verändern, trotzdem versuchen wir, so gut es geht, voranzukommen. Ich meine, man muss im Hier und Jetzt leben. Man muss Rechnungen bezahlen, um ein Dach über dem Kopf und Essen im Kühlschrank zu haben. Gleichzeitig versucht man, für die Zukunft zu planen, falls man seinen Job verlieren sollte. Man gibt sein Bestes. Man versucht, Vorräte anzulegen. Wie ein kleines Eichhörnchen im Herbst, das Vorräte sammelt und hortet, damit man hoffentlich auf schlechtere Zeiten vorbereitet ist.

Tonya Lewis Lee:
Also, ja. Wir als Menschen sind aufs Überleben gepolt. Wie kann ich mich vorbereiten, um möglichst lange durchzuhalten? Und das ist ganz witzig, denn wie du weißt, gehört für mich auch dazu, auf meinen Körper achtzugeben, richtig? Ich will möglichst fit sein und mich wohlfühlen, vor allem in Zeiten wie diesen, denn ich weiß ja nicht, ob ich vielleicht irgendwann auf meinen Körper angewiesen bin, um aus dieser Situation herauszukommen? Muss ich vielleicht 25 Kilometer laufen oder hunderte Kilometer gehen, um irgendwohin zu gelangen? Also will ich dafür sorgen, dass ich körperlich fit bin.

Tonya Lewis Lee:
Ja. All das spielte eine Rolle, als wir im Lockdown waren, und wer weiß? Vielleicht kommt noch ein Lockdown. Aber ich denke, wir alle müssen kapieren, dass nichts so beständig ist, wie wir glauben. Wir können uns so gut wie möglich vorbereiten, aber wie dein Großvater schon sagte, wir müssen immer flexibel sein und uns, wenn nötig, anpassen können. Also geht es auch irgendwie darum, aufgeschlossen zu sein. Oder? Und neugierig auf das, was geschieht, zu versuchen, über die Geschehnisse auf dem Laufenden zu bleiben, damit man auf alles vorbereitet ist, aber man sollte das Leben trotzdem genießen.

Satchel Lee:
Auf jeden Fall. Aber ich finde Aufgeschlossenheit wirklich wichtig. Ich meine, viele Leute verschließen noch immer die Augen vor der Wahrheit, und ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, wie man so festgefahrene Vorstellungen haben kann. Ich verstehe nicht –

Tonya Lewis Lee:
Du meinst, Vorstellungen davon, worum es im Leben geht und was uns als Menschen zusteht?

Satchel Lee:
Ja, genau. Das meine ich. Die Dinge haben sich geändert, auch wenn uns das nicht gefällt. Das ändert aber nichts an den Tatsachen.

Tonya Lewis Lee:
Die Dinge ändern sich, und man muss anpassungsfähig sein. Und leider, also, leider gibt es viele Leute, die keine gute Bildung genossen haben, und das schon seit Generationen. Manchmal vergessen wir, dass es ein echtes Privileg ist, selbst die Fähigkeit zum kritischen Denken entwickeln zu können. Du glaubst, das kommt von allein, aber das kritische Denken ist wie ein Muskel, der regelmäßig trainiert und eingesetzt werden muss.

Tonya Lewis Lee:
Und ich glaube, viele Leute sind einfach nicht in der Lage, kritisch zu denken und die Situation, in der sie sich befinden, richtig zu beurteilen. Also glauben sie einfach das, was andere Leute – die, zu denen sie aufsehen – ihnen erzählen. Darum basieren ihre Handlungen auf dem, was jemand anders ihnen sagt, jemand, den sie für eine Autorität halten. Und wenn du in so einer Situation bist, ist das sehr gefährlich, denn du kannst manipuliert werden und lässt dich dauernd herumkommandieren. Und ich glaube, genau darunter leiden wir gerade.

Satchel Lee:
Eine verfahrene Situation.

Tonya Lewis Lee:
Ganz genau. Bildung ist wichtig. Gute Bildung ist wichtig. Und jeder, wirklich jeder kann sich die Fähigkeit zum kritischen Denken aneignen, wenn er eine wirklich gute Bildung genossen hat.

Satchel Lee:
Stimmt. Mir stellt sich nur die Frage, wie können wir gute Schulbildung gewährleisten?

Tonya Lewis Lee:
Ja, genau. Es gibt ja auch einige Menschen da draußen, die gar nicht wollen, dass die Leute kritisch denken können.

Satchel Lee:
Ja, leider. Andernfalls hätten wir bessere öffentliche Schulen.

Tonya Lewis Lee:
Und genau die brauchen wir. Wenn die Leute kritisch denken könnten, würden sie ihren sogenannten Anführern nicht alles abkaufen, und dann wären diese Anführer nicht in ihren einflussreichen Positionen. Das ist das Problem, vor dem wir gerade stehen.

Satchel Lee:
Ja, das ist es. Ich würde gerne noch über ein paar andere Themen sprechen … Vielleicht über Mode? Ich weiß nicht.

Tonya Lewis Lee:
Na klar, warum nicht.

Satchel Lee:
Wie dem auch sei … Also, die Sache ist, wir arbeiten ja beide im kreativen Bereich. Ich finde, es gab … Also wir waren die ganze Zeit zu Hause, wir haben uns definitiv ein bisschen geöffnet, aber wir waren vier Monate lang nur zu Hause. Wie hast du dir deine Kreativität bewahrt? Und hattest du so etwas wie einen Zeitplan, um bei Projekten auf Kurs zu bleiben? Wie war das?

Tonya Lewis Lee:
Ja. Also zu Beginn des Lockdowns fiel es mir schwer, kreativ zu bleiben, ich konnte mich kurzzeitig überhaupt nicht mehr konzentrieren und verlor die Orientierung. Und ich bin gerade Co-Produzentin und Co-Regisseurin bei einer Dokumentation. Wegen Corona hat sich alles etwas verzögert, und wir mussten uns überlegen, wie wir unsere Themen kreativ angehen können. Selbst wenn ich nur daran zurückdenke, das war schwer. Ich meine, diese Dokumentation liegt mir sehr am Herzen, aber es fiel mir schwer, darüber nachzudenken, wie ich damit weitermachen sollte, während ich im Überlebensmodus war, nur für uns. Ich merkte aber, dass ich aus irgendeinem Grund das Verlangen verspürte, zu malen und zu zeichnen. Es war eine ganz andere Fähigkeit, ein anderes kreatives Ventil. Ich meine, ich zeichne gerne. Aber ich bin nicht gut darin. Ich bin ganz gewiss keine Malerin. Aber ich hatte dieses Verlangen, mir selbst auf diese Weise Ausdruck zu verleihen, und das war toll, es fühlte sich toll an, das zu tun.

Tonya Lewis Lee:
Und ansonsten habe ich einfach versucht … Also ich glaube, aus kreativer Sicht ist es wichtig, auf das zu hören und sich in das hineinzufühlen, was um einen herum geschieht, um sozusagen die eigene innere Leere zu füllen. Wir stehen so sehr unter Druck, abzuliefern, und ich glaube, in Zeiten wie diesen ist es auch wichtig, einfach nur zu sein und die Atmosphäre wahrzunehmen, zu absorbieren und irgendwann zu sehen, was dabei herauskommt. Tja, ich weiß nicht. Ich habe viel geputzt. Ich habe viel gekocht, gezeichnet und mich dann langsam wieder an die Arbeit gemacht, und jetzt gibt es wieder viel zu tun, das ist wunderbar. Und ich fühle mich besser vorbereitet und offener und bereit für die Arbeit.

Satchel Lee:
Mm-hmm (zustimmend). Ja. Das ergibt Sinn. Ich glaube, mir geht oder ging es ähnlich. Ich weiß nicht. Es ist alles so verschwommen, aber jetzt arbeiten die Leute auf jeden Fall wieder mehr. Oder? Also, wenn ich das sehe, verspüre ich Erleichterung, weil wir nicht mehr so feststecken. Ich habe das Gefühl, ich kann wieder Videos produzieren und was herausbringen. Zu Beginn der Quarantäne habe ich auch den Podcast eingestellt. Ich habe während der Quarantäne vielleicht zwei Folgen gemacht, weil es einfach … Ich weiß nicht, es fühlte sich komisch an. Ich weiß es nicht mehr. Ich brauchte etwas Luft, ich musste mal eine Pause einlegen und nicht … Also, was ich sagen will: Was mir an dieser Zeit, in der alle zu Hause waren und nicht bei der Arbeit, gut gefallen hat, ist, dass wir sonst kaum die Gelegenheit haben, einfach mal dazusitzen und die Stille zu genießen. Verstehst du?

Tonya Lewis Lee:
Ja, absolut.

Satchel Lee:
Irgendwie hat man doch immer was zu tun. Am Wochenende hat man nicht wirklich genügend Zeit, um sich mal so richtig zu entspannen und Ruhe zu finden, darum finde ich es wichtig, einfach mal die Stille zu genießen, und ja, ich weiß auch nicht.

Tonya Lewis Lee:
Und ich weiß nicht, ob es dir auch so geht, Satchel, aber manchmal habe ich in dieser Ruhe und Stille das Gefühl, dass ich einen Vibe höre oder spüre. Verstehst du, was ich meine? Als ob man sich auf die Geschehnisse einstimmt, und manchmal muss man einfach still sein, um das zu tun.

Satchel Lee:
Auf jeden Fall. Eingestellt auf das, was passiert, und auch auf die eigenen wahren Bedürfnisse. Ich bin sicher, dass viele Leute gemerkt haben: „Oh, ich hasse meine Arbeit“.

Tonya Lewis Lee:
Stimmt.

Satchel Lee:
Also ihren konkreten Job oder so. Es gab viel Zeit zum Nachdenken. Man konnte nachdenken, ohne sich Sorgen über Ergebnisse oder Deadlines machen zu müssen. Ja. Es tut gut, einfach mal still zu sein. Wir haben so gut wie nie die Gelegenheit dazu. Und wenn ich zum Beispiel an Tiere denke, frage ich mich: „Was tun Tiere eigentlich den ganzen Tag? Sie tun gar nichts.“

Tonya Lewis Lee:
Ja. Das stimmt.

Satchel Lee:
Sie tun gar nichts.

Tonya Lewis Lee:
Sie schlafen.

Satchel Lee:
Und anscheinend geht es ihnen gut dabei.

Tonya Lewis Lee:
Ja. Ja. Sogar in der Wildnis, sie können nach Futter suchen und fressen und Schutz suchen und …

Satchel Lee:
Und sie genießen anscheinend ihr Leben wie alle anderen auch.

Tonya Lewis Lee:
Stimmt. Aber leben sie auch so lange? Ich weiß nicht.

Satchel Lee:
Nein, ich glaube nicht. Aber das ist okay. Gibt es irgendwelche Rituale oder Routinen, mit denen du dich in eine kreative Stimmung bringen kannst?

Tonya Lewis Lee:
Was mir schon immer geholfen hat, mich in eine kreative Stimmung zu bringen, ist Putzen. Das ist ein Ritual. Ich mache wirklich alles sauber, räume auf, sorge quasi für frischen Wind in meinem Zuhause, ohne dass irgendwelche Sachen am falschen Ort den Flow stören. Und dann setze ich mich einfach an meinen Schreibtisch, stelle den Stuhl auf die richtige Höhe ein und dann … Um ehrlich zu sein, habe ich früher auch immer gesagt: „Wenn ich gerade Ideen habe, kann ich keinen Sport machen“, aber das hat sich geändert. Trainieren, mir einfach eine halbe Stunde oder so Zeit nehmen, meine zwei Tassen Kaffee und einen Smoothie am Morgen trinken, das reicht schon, damit ich wirklich bereit bin, loszulegen. Das bringt mich in Schwung.

Satchel Lee:
Ja. Ja. Ich glaube –

Tonya Lewis Lee:
Und was ist mit dir? Hast du Rituale bei deiner Arbeit?

Satchel Lee:
Ich mache immer mein Bett. Ich kann mich nicht konzentrieren, ehe mein Bett nicht gemacht ist. Ich verbrenne viele Räucherstäbchen in meinem Zimmer, zum Beispiel Palo Santo, Salbei oder andere Räuchermittel. Ja. Im Sommer öffne ich die Fenster. Ich liebe es, frische Luft hineinzulassen. Ja. Es ist, als ob ich eine optimale Ausgangslage schaffe. Ich meine, selbst wenn ich den Rest des Tages nur auf der Couch sitze, muss ich diese Dinge trotzdem tun. Also ich weiß nicht, ob ich es unbedingt als Ritual für Kreativität bezeichnen würde, aber es ist definitiv ein System, nach dem ich vorgehe.

Tonya Lewis Lee:
Ja. Solche Systeme zu haben, ist wunderbar. Ich mache es ähnlich wie du. Ich mache mein Bett. Es gibt bestimmte Dinge, die ich tun muss, um richtig in den Tag zu starten, und dann … Wer weiß.

Satchel Lee:
Stimmt. So kommt man ein bisschen besser rein, finde ich.

Tonya Lewis Lee:
Ja, wenn man mit bestimmten Ritualen in den Tag startet … Wie du weißt, mache ich ja auch sehr gerne Kreuzworträtsel oder Worträtsel. Ich weiß, das ist so nerdig, aber für mich ist das wie Denksport. Dadurch kann ich mein Gehirn anschalten, nach dem Motto „Okay. Alles klar. Ich bin jetzt da.“

Satchel Lee:
Stimmt. Ich mag aber keine Belanglosigkeiten.

Tonya Lewis Lee:
Belanglosigkeiten.

Satchel Lee:
Ich mag es nicht, ausgefragt zu werden.

Tonya Lewis Lee:
Ja, okay, aber in diesen Worträtseln bist du doch gut.

Satchel Lee:
Ja, die Worträtsel gehen, aber Kreuzworträtsel sind für mich belangloses Zeug.

Tonya Lewis Lee:
In gewisser Weise, ja.

Satchel Lee:
Keine Rätsel, bitte.

Tonya Lewis Lee:
Aber das ist ja das Schöne am Rätseln; vieles, was ich tue, ist wie ein Rätsel, man muss Probleme lösen, versuchen, etwas herauszufinden, nach einem Muster Ausschau halten. Und darum helfen mir die Kreuzworträtsel und sogar die Worträtsel sehr, denn im Grunde genommen ist es das Gleiche. Es geht darum, etwas zusammenzufügen, ein Muster zu finden.

Satchel Lee:
Ja.

Tonya Lewis Lee:
Ja.

Satchel Lee:
Ja. Ja. Also, du sagtest, dass du während der Quarantäne sehr häufig gekocht hast. Was hat dir das gebracht?

Tonya Lewis Lee:
Oh, ja, stimmt. Also, in erster Linie macht mir Kochen Spaß. Ich habe festgestellt, dass es eigentlich ganz einfach ist, wenn man einen Plan und die nötigen Zutaten im Haus hat. Man muss einfach nur ein bisschen vorausdenken, dann ist es wirklich nicht schwer. Ich liebe es, mein Essen selbst zu kochen. Es gibt mir das Gefühl, mich gesünder zu ernähren. Ich weiß, was ich esse, und das ist wirklich toll. Und während der Quarantäne haben wir, also du, dein Vater, dein Bruder und ich, jeden Abend zusammen gegessen, das haben wir nicht mehr gemacht, seit ihr beide klein wart. Das war wirklich schön. Und es ist auch ein gutes Gefühl, selbst für die Familie etwas kochen zu können, das gesund ist und schmeckt.

Tonya Lewis Lee:
Das macht mir großen Spaß, und ich hoffe, ich kann das auch weiterhin tun. Ich koche nach wie vor und will das beibehalten. Man hat dadurch auch eine Art Auszeit, ein weiteres kreatives Ventil … Es ist faszinierend, wie man … Manchmal, bevor man anfängt zu kochen, denkt man sich: „Oh je, wie soll ich das jetzt kochen?“ Und dann fängt man einfach an, und plötzlich hat man ein ganzes Gericht zubereitet. Es ist faszinierend. Es ist nur ein kleiner Erfolg, aber ich habe viel Spaß daran.

Satchel Lee:
Ja. Das ist auch noch so eine Sache, oder? Einfach selbst kochen, sich selbst um sein Essen kümmern, das ist so wichtig. Ich glaube, in New York – Ich weiß nicht, wie es in anderen Städten ist, aber ich glaube, nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Menschen, die sich Essen liefern lassen oder Essen mit nach Hause nehmen, wie in New York. Anders kann ich mir das gar nicht vorstellen.

Tonya Lewis Lee:
Und wir als Familie sind damals auch dazu übergangen, Essen zu bestellen oder von unterwegs mitzubringen. Ich weiß nicht mehr, wann das angefangen hat, denn als ihr klein wart, habe ich selbst gekocht. Aber irgendwann habe ich damit aufgehört, und irgendwie sind wir bei Essen zum Mitnehmen oder von Lieferdiensten hängen geblieben, weil das schnell und einfach ist und wir alle so viel zu tun hatten. Ja, viele Leute bestellen sich ihr Essen, weil es einfach ist.

Satchel Lee:
Es ist einfach. Und ich glaube, viele Leute haben auch einfach nicht genügend Platz für eine Küche. Wobei man eigentlich nicht viel Platz braucht, ich meine, man kann auf einer Herdplatte, auf einer Kochstelle etwas kochen. Aber wie du weißt, ist das eine Fähigkeit, die meiner Meinung nach nicht wirklich … Es gibt viele Dinge, die in den Schulen nicht unterrichtet werden.

Tonya Lewis Lee:
Weißt du, als ich zur High School ging, hatte ich auch Hauswirtschaft als Schulfach. Man musste daran teilnehmen –

Satchel Lee:
Auch die Jungs?

Tonya Lewis Lee:
Ja. Jeder musste am Hauswirtschaftsunterricht teilnehmen, um einen High-School-Abschluss zu bekommen. Du hattest das nicht mehr. Mein guter Freund Spencer sagt oft, dass er nur deshalb so gut kochen kann, weil er in der Schule Hauswirtschaft hatte. Du hast recht. Das ist eine grundlegende Fähigkeit, die jeder haben sollte.

Satchel Lee:
Wir hatten einen Restaurantmanagement-Kurs.

Tonya Lewis Lee:
Natürlich.

Satchel Lee:
Keinen Kochunterricht.

Tonya Lewis Lee:
Herrje. Diese Schulen, einfach unglaublich. Ja. Du musst deine Finanzen im Griff haben und eine Mahlzeit zubereiten können.

Satchel Lee:
Ja. Ich kann kochen. Ich kann etwas zubereiten, aber es ist auf jeden Fall –

Tonya Lewis Lee:
Und du kannst backen.

Satchel Lee:
Ja. Und ich kann backen. Das ist eine wichtige Fähigkeit, das ist mir in dieser Zeit wieder klar geworden. Was passiert, wenn kein Essen geliefert wird? Wir können nicht ins Restaurant gehen.

Tonya Lewis Lee:
Stimmt. Und kannst du für dich selbst kochen? Man kann wunderbar mit Kräutern experimentieren, mit Rosmarin, Koriander, Basilikum … Hast du schon mal richtigen Knoblauch ausprobiert? Es muss nicht immer Knoblauchpulver sein. Du kannst richtigen Knoblauch nehmen oder andere Dinge, die wirklich für Geschmack sorgen, das macht Spaß. Und wenn mal etwas misslingt, ist das auch nicht schlimm. Das passiert. Du kannst es ja trotzdem noch mal versuchen.

Satchel Lee:
Ja. Ich freue mich schon darauf, meine Kochkünste weiter auszubauen, wenn diese ganze Sache vorüber ist. Also, während der Quarantäne gab es natürlich noch andere Themen. Der Tod von George Floyd hat im ganzen Land Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung hervorgerufen. Wie war es, all das zu verfolgen?

Tonya Lewis Lee:
Es war in der Tat überwältigend, zu sehen, wie all diese Menschen auf die Straße gehen. Ich meine, wow. Wir haben im Laufe des letzten Jahres einiges erlebt, von Corona bis hin zu den Protesten. Wie du schon sagtest, wenn ich nur daran denke, wie all diese Demonstranten auf die Straße gehen, mit welcher Energie so viele Menschen verschiedener Hautfarben und unterschiedlicher Herkunft rausgehen und sich hinstellen und sagen: „Moment mal. Das hier verstößt gegen die Menschenrechte. Das ist falsch. Wir als Menschen sorgen uns um die Zukunft der Menschheit, und wir nehmen das nicht mehr hin“, das war überwältigend. Ich sah, wie einige Konföderierten-Statuen niedergerissen wurden, wie die Flagge der Konföderierten von der Flagge von Mississippi entfernt wurde; ich meine, es fühlt sich so an, als würden große Veränderungen in der Luft liegen.

Tonya Lewis Lee:
Und dann ist auch John Lewis erst vor Kurzem gestorben. Ich meine, es fühlt sich so an, als ob zur Zeit echte Veränderungen stattfinden, für uns als Amerikaner in jederlei Hinsicht. Und ich weiß, dass das überall auf der Welt passiert, aber ich glaube, dass die wirklichen Veränderungen hier in Amerika ablaufen. Was bedeutet das also für die Zukunft? Ist das nur eine Momentaufnahme, oder ist das von Dauer? Ich glaube, die bevorstehenden Wahlen werden uns die Antwort darauf geben. Oder? Ist das eine vorübergehende oder eine nachhaltige Veränderung?

Tonya Lewis Lee:
Wir haben schon einiges erreicht. Oder? Als Nation und als Volk, wir haben Fortschritte gemacht und wir haben auch Rückschläge erlitten. Das ist uns bewusst. Unsere Vorfahren wurden mit Schiffen hierher verschleppt, zur Arbeit gezwungen, und jetzt stehen wir beide hier, und das haben wir dem Einsatz vieler Menschen zu verdanken. Und ich glaube, ja, es liegt auch noch ein langer Weg vor uns. Aber wenn ich, in meinem Alter, als Angehörige meiner Generation, sehe, was gerade passiert, sehe ich Anzeichen für bedeutende Fortschritte, zumindest symbolisch. Jetzt ist nur die Frage, was tatsächlich passieren wird.

Satchel Lee:
Wie können wir deiner Meinung nach greifbare Veränderungen erreichen?

Tonya Lewis Lee:
Ich glaube, wir brauchen Leute mit Führungsqualitäten. Wie gesagt, es ist großartig, zu sehen, wie all diese Menschen auf den Straßen demonstrieren, wie sich die Anführer von Black Lives Matter herauskristallisieren. Ich glaube, darauf kommt es an. Auf Führungsqualitäten. Wir brauchen Anführer. Hollywood hat einen großen Einfluss. Ich sehe eine Entwicklung in den Bildern, die in den Medien gezeigt werden, und auch dabei, wessen Stimmen zu hören sind. Wenn also noch mehr verschiedene Menschen ihre unterschiedlichen, umfangreichen und spannenden Erfahrungen teilen können, werden die Leute auch aufgeschlossener. Ich bin sehr dankbar für die Arbeit unserer Dokumentaristen in den Straßen, wie die junge Frau, die den Mord an George Floyd festhielt. Sie müssen weitermachen, denn ohne sie würden diese Dinge nicht ans Licht kommen. Ich denke, wirkliche Veränderungen können wir nur bewirken, wenn alle mitziehen.

Satchel Lee:
Ja.

Tonya Lewis Lee:
Was du machst, Satchel, mit deiner Plattform, deiner Stimme, ob groß oder klein, das ist von Bedeutung. Manchmal ist es schwer, manchmal will man sich einfach nur amüsieren und nicht über all diese Probleme nachdenken. Hinter all deiner Arbeit muss der Gedanke stehen: Wie kann ich dazu beitragen?

Satchel Lee:
Welche Erkenntnisse hast du aus dieser Zeit gewonnen?

Tonya Lewis Lee:
Aus dieser Zeit? Du meinst die Zeit der Quarantäne, was ich daraus gelernt habe?

Satchel Lee:
Ja.

Tonya Lewis Lee:
Nun, ich würde sagen, was ich schon vorher wusste und was mir jetzt absolut klar ist, ist, dass Satchel meine Partnerin ist, mein Fels in der Brandung, wenn ich in einer Klemme stecke oder in einer Art Überlebensmodus bin. Das weiß ich. Ich weiß, auf wen ich mich absolut verlassen kann. Das ist wunderbar. Und es ist schön, das von dir zu wissen. Es ist schön, das über mich selbst zu wissen. Ich kann mich um mich selbst kümmern. Ich komme alleine klar. Ich glaube, jetzt geht es vor allem darum, die gute, positive Energie aufrecht zu erhalten, damit wir der nächsten Generation einen Planeten vererben, auf dem sie noch lange leben kann.

Satchel Lee:
Stimmt. Ich finde auch, dass es eine gute Zeit ist, um dankbar zu sein. Die Situation war zwar alles andere als gut, es hätte aber auch noch viel schlimmer kommen können.

Tonya Lewis Lee:
Ja, wir hatten Glück. Niemand aus unserer Familie ist … Ich meine, wir kennen einige Leute, die gestorben sind, aber, du weißt schon.

Satchel Lee:
Ja. Wir können uns wirklich glücklich schätzen. Und gesegnet, wie du schon sagtest, und das sollte man nie vergessen und auch an die sogenannten systemrelevanten Arbeitskräfte denken, die Angestellten in den Supermärkten, in den Apotheken … Die U-Bahn fuhr weiter. Die Leute, die das machten, es war einfach …

Tonya Lewis Lee:
Ja, absolut. Hygiene.

Satchel Lee:
Überall gab es Hygienevorschriften. Das war extrem.

Tonya Lewis Lee:
Ja.

Satchel Lee:
Also, wir sind sehr dankbar. Cool. Jetzt haben wir über alles mögliche geredet. Fällt dir noch etwas ein?

Tonya Lewis Lee:
Nein, mir fällt nichts weiter ein. Das war unser offenes Gespräch.

Satchel Lee:
Stimmt. Genau. Ja. Mal etwas anders als sonst.

Tonya Lewis Lee:
Ja. Ein bisschen anders.

Satchel Lee:
Cool. Okay. Also, vielen Dank für das Gespräch.

Tonya Lewis Lee:
Es war schön, mit dir zu reden, Satchel.

Satchel Lee:
Oh ja.

Tonya Lewis Lee:
Danke, Gucci.

Gucci Podcast-Stimme:
Vielen Dank, dass Sie sich diese Folge des Gucci Podcasts mit Satchel Lee und ihrer Mutter Tonya Lewis Lee angehört haben. Mehr über ihre kreative Arbeit erfahren Sie in der Beschreibung der Folge.

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